Montagmorgen, Kaffeeküche. Meine Kollegin Steffi kommt rein, Handy in der Hand. „Sabine, guck mal – der Starter, den du mir gegeben hast. Der ist doch tot, oder?“ Sie dreht mir das Display hin. Ich sehe ein eingefallenes Häufchen Anstellgut mit brauner Brühe obendrauf.

Ich habe ihr Handy genommen und rangezoomt. Keine pelzigen Flecken, keine rosa Verfärbung. Nur Fusel – diese alkoholische Flüssigkeit, die sich bildet, wenn ein Starter lange kein Futter hatte. „Der lebt noch“, sage ich. „Gib ihm drei Fütterungen, alle 8 Stunden. Morgen Abend ist er wieder aktiv.“

Zwei Tage später kommt sie zurück. „Du hattest recht. Der ist jetzt doppelt so hoch wie vorher.“

Diese Frage höre ich oft. Leute denken, ihr Starter ist tot – dabei ist er nur hungrig. In 8 Jahren habe ich genau einen Starter wirklich verloren, der hatte Schimmel. Alle anderen ließen sich retten. Auch mein Robert hatte schon zwei Nahtoderlebnisse. Heute ist er fitter denn je.

Wenn dein Starter gerade traurig aussieht: Ich zeige dir, woran du erkennst, ob er noch zu retten ist. Die 4 häufigsten Gründe, warum Starter nicht treiben. Und den konkreten Rettungsplan, den ich meiner Kollegin gegeben habe – funktioniert in den meisten Fällen.

📌 Das Wichtigste in Kürze

  • Meistens sind Starter nur inaktiv, nicht tot
  • Schimmel, rosa Farbe, fauliger Geruch → sofort entsorgen
  • Rettung braucht: 25-28°C, mehrmaliges Füttern, Vollkorn-Roggenmehl
  • Nach 48-72h keine Reaktion → Neuanfang in Betracht ziehen

📒 Dieser Artikel ist ein Teil meines Sauerteig-Kompendium das demnächst erscheint.

Ist dein Starter wirklich tot – oder nur inaktiv?

Die meisten Starter, die tot aussehen, sind nur inaktiv. Ich habe in 8 Jahren bei Freunden, Kollegen und Community-Mitgliedern an die 15 bis 20 Starter gesehen, die angeblich „am Ende“ waren. Bei fast allen hat eine Rettung funktioniert.

Diese 2 Zeichen zeigen: Dein Starter lebt noch

Ich schaue immer zuerst nach Schimmel. Keine pelzigen Flecken, keine komischen Verfärbungen? Dann ist meistens alles gut. Ein inaktiver Starter sieht zwar traurig aus – eingefallen, keine Blasen, vielleicht diese dunkle Flüssigkeit obendrauf – aber das ist nicht schlimm. Diese Flüssigkeit heißt Fusel, eine Mischung aus Alkohol und Wasser. Das sieht nicht schön aus, schadet aber nicht.

Beim Fusel mache ich es immer gleich: Ich schütte ihn ab. Einfach weil ich es ekelig finde. Du kannst ihn auch unterrühren – funktioniert genauso – aber ich mag die braune Brühe nicht im Starter haben. Nach dem Abschütten kommt dann eine kräftige Fütterung.

Der Geruch des Starters ist mein zweiter Check. Wenn er sauer riecht – wie Essig oder überreifer Joghurt – arbeiten die Bakterien noch. Das ist ein gutes Zeichen. Kritisch wird es erst, wenn es faulig riecht, so wie Essensreste, die zu lange in der Biotonne lagen.

Bei diesen 3 Zeichen ist er wirklich tot

Bei den folgenden drei Zeichen probiere ich nicht mal, den Starter zu retten. Schimmel und Fäulnis sind ein absolutes No-go und ein gesundheitliches Risiko. Ein neuer Starter ist in 5 bis 10 Tagen fertig. Dafür lohnt es sich nicht, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Schimmel: Pelzige Flecken – egal welche Farbe. Weiß, grün, schwarz, orange. Wenn ich Schimmel sehe, werfe ich den kompletten Starter weg und fange neu an. Schimmel kann Giftstoffe bilden, die sich im ganzen Starter verteilen. Da hilft kein Abkratzen.

Rosa oder orange Verfärbung (ohne Pelz): Das sind unerwünschte Bakterien, die sich durchgesetzt haben. Ich habe das zweimal gesehen – beide Male habe ich den Starter sofort entsorgt. Diese Bakterien können gesundheitsschädlich sein, deshalb: Kein Risiko eingehen, wegwerfen und neu starten.

Fauliger Geruch: Nicht sauer, sondern wirklich verdorben. Das Gleichgewicht im Starter ist dann komplett gekippt, und es haben sich die falschen Mikroorganismen durchgesetzt. Auch hier gilt: Gesundheit geht vor, lieber neu anfangen.

👋 Meet Robert

Robert ist mein Roggen-Starter – seit 2019 mein best Buddy fürs Brotbacken. Aber er ist viel mehr als nur Mehl und Wasser. Er hat Persönlichkeit: geduldig, geradeheraus, direkt und mit sehr trockenem Humor. Ich habe mit ihm alle Anfängerfehler gemacht, die man sich vorstellen kann. Er hat’s überlebt und ist trotzdem geblieben. → Mehr über Robert

Die 4 häufigsten Gründe für einen inaktiven Starter

Zu kalt – unter 22°C wird’s kritisch

Dein Starter bewegt sich kaum. Vielleicht ein paar Blasen nach einem Tag, aber keine richtige Aktivität. Passiert mir jeden Herbst, wenn die Heizung noch nicht läuft und ich vergesse, dass meine Küche plötzlich nur noch 18°C hat.

Unter 22°C werden Hefen träge, unter 18°C arbeiten sie kaum noch. Ich teste das mit der Hand an der Glaswand – wenn das Glas sich kühl anfühlt, ist es meistens zu kalt.

Einen wärmeren Platz finden hilft. Ich stelle mein Glas in den Backofen mit eingeschaltetem Licht – da sind es bei mir konstant 25-26°C. Funktioniert seit Jahren. Alternativ geht auch die Nähe zur Heizung oder auf den Router.

💡 Mein Tipp: So erreichst du 25-28°C auch ohne Heizung

  • Backofen mit Licht: Funktioniert bei mir am besten. Licht einschalten, Tür zu. Mit Thermometer messen – bei mir sind es konstant 26°C.
  • Auf dem Router/Modem: Elektronik gibt Wärme ab. Bei meinem Router werden es 23-24°C – nicht ideal, aber besser als 18°C.
  • Heizmatte für Pflanzen: Kostet 15-20€, bringt konstant 25°C. Lohnt sich, wenn du im Winter viel backst.
  • In der Nähe der Heizung: Nicht direkt drauf (zu heiß!), sondern 30-50cm entfernt. Ich stelle mein Glas auf ein Brett neben die Heizung.

Wichtig: Immer mit Thermometer kontrollieren. Was sich warm anfühlt, kann zu heiß sein – über 30°C werden die Hefen gestresst.

Falscher Zeitpunkt – das Timing ist alles

Das war lange mein Problem. Mein Starter war zwischendurch immer mal aktiv, aber sobald ich ihn gefüttert hatte, kam der große Stillstand. Ich habe einfach nach Uhrzeit gefüttert – morgens vor der Arbeit, abends nach Hause. Hat nicht funktioniert.

Der Zeitpunkt macht den Unterschied. Wenn du zu früh fütterst – also bevor der Starter seinen höchsten Punkt erreicht hat – hatten die Hefen noch keine Zeit, sich zu vermehren. Fütterst du zu spät, ist er schon überreif und eingefallen, die Hefen sind erschöpft.

Ich füttere heute nach Aussehen, nicht nach Uhrzeit. Mein Starter ist bereit, wenn er seinen Peak erreicht hat – leicht gewölbt, viele Blasen, riecht mild-säuerlich. Bei Robert sind das bei 25°C etwa 4-6 Stunden nach dem Füttern. Im Winter dauert es länger.

💡 Mein Tipp: Ich markiere die Füllhöhe nach dem Füttern mit einem Haushaltsgummi. So sehe ich auf einen Blick, wann er den höchsten Punkt erreicht hat – und nicht erst, wenn er schon wieder eingefallen ist.

Überreif – wenn der Starter nach Aceton riecht

Kennst du diesen scharfen Essig-Geruch, der fast wie Nagellackentferner riecht? Genau das. Dein Starter ist eingefallen und hat diese stechende Note entwickelt. Bei mir passiert das, wenn ich zu spät nach Hause komme und vergessen habe, ihn morgens zu füttern.

Die Hefen haben alles aufgefressen und schalten in den Notmodus – sie produzieren mehr Alkohol. Die Bakterien produzieren mehr Essigsäure. Zusammen ergibt das diesen scharfen Geruch.

Ich nehme dann 20g vom Starter, füttere ihn mit 40g Wasser und 40g Vollkorn-Roggenmehl. Bei sehr scharfem Geruch mache ich das 2-3x hintereinander im 8-Stunden-Rhythmus. Nach dem dritten Mal ist der Geruch meistens weg und der Starter wieder fit.

Danach passe ich den Rhythmus an – entweder füttere ich öfter, oder ich stelle ihn kühler, damit er langsamer reift.

Zu lange im Kühlschrank – der Winterschlaf-Effekt

Dein Starter stand mehrere Wochen im Kühlschrank, du holst ihn raus, fütterst ihn – und es passiert nichts. Auch nach 12 Stunden keine Blasen, keine Bewegung.

Im Kühlschrank fahren die Hefen ihren Stoffwechsel herunter. Sie sind nicht tot, nur extrem langsam. Je länger der Starter dort stand, desto länger braucht er zum Aufwachen.

Die Lösung ist die gleiche wie beim normalen Rettungsplan – nur brauchst du hier oft 2-3 Fütterungen statt einer. Den genauen Ablauf findest du weiter unten im 24-Stunden-Rettungsplan.

⁉️ Wusstest du? Vollkorn-Roggenmehl ist der Turbo für müde Starter. Es enthält mehr Mikroorganismen und Nährstoffe als helles Mehl – genau das, was dein Starter nach langer Kühlschrank-Pause braucht. Ich verwende es immer für die ersten 2-3 Fütterungen nach dem Aufwachen.

Der 24-Stunden-Rettungsplan

Dein Starter sieht traurig aus, aber kein Schimmel? Ich zeige dir meine Methode, einen inaktiven Starter zu retten.

Stunde 0 – Jetzt wird gefüttert

Hol deinen Starter aus dem Kühlschrank, falls er dort steht. Ich nehme dann ein sauberes Glas und gebe 20g von meinem Starter hinein. Den Rest behalte ich als Backup im Kühlschrank – falls die Rettung nicht klappt, habe ich noch was übrig.

Dann füttere ich: 40g lauwarmes Wasser und 40g Vollkorn-Roggenmehl dazu. Ich verrühre alles gut, bis keine Mehlnester mehr da sind, und markiere die Füllhöhe mit einem Haushaltsgummi.

Den Deckel lege ich nur locker auf – nicht fest verschließen, der Starter braucht Luft. Das Glas stelle ich dann an einen warmen Ort. 25-28°C sind ideal. Bei mir steht es im Backofen mit eingeschaltetem Licht – da habe ich konstant 26°C.

Nach 8-12 Stunden – Zeit für den Check

Ich schaue auf den Gummi. Hat sich der Starter bewegt? Sehe ich Blasen an der Oberfläche oder an den Seiten?

Wenn sich was getan hat – der Starter ist gestiegen, zeigt Blasen – wacht er gerade auf. Ich füttere jetzt noch nicht, sondern warte, bis er seinen höchsten Punkt erreicht hat. Das erkenne ich daran, dass die Oberfläche leicht gewölbt ist, viele Blasen zu sehen sind und er mild-säuerlich riecht. Bei den meisten Startern ist das nach 4-8 Stunden der Fall.

Wenn sich nichts getan hat – keine Blasen, keine Bewegung – füttere ich ein zweites Mal. Gleiche Mengen wie vorher: 20g Starter, 40g Wasser, 40g Mehl. Wieder locker abdecken, warm stellen und weitere 8-12 Stunden warten.

Nach 24 Stunden – Hat es geklappt?

Wenn der Starter wieder Blasen zeigt, sein Volumen verdoppelt hat und gut riecht, ist er wieder aktiv. Ich pflege ihn ab jetzt normal weiter – entweder im Kühlschrank lagern oder für ein Brot verwenden.

Wenn immer noch nichts passiert, gebe ich ihm noch 24 Stunden. Manche Starter brauchen länger zum Aufwachen – besonders wenn sie mehrere Wochen oder Monate im Kühlschrank standen. Ich habe schon Starter gerettet, die erst nach 48 Stunden und drei Fütterungen wieder aktiv wurden.

Wenn nach 48 Stunden immer noch keine Reaktion kommt, überlege ich, ob ein Neuanfang die bessere Lösung ist. Das ist kein Versagen – manchmal ist der Starter einfach zu weit weg.

✔️ Meine Notfall-Checkliste: Habe ich alles richtig gemacht?

Wenn dein Starter nach dem ersten Rettungsversuch nicht reagiert, prüfe diese Punkte:

Temperatur wirklich 25-28°C? Mit Thermometer messen, nicht nur fühlen. Ich habe anfangs oft zu niedrig geschätzt.

Vollkorn-Roggenmehl verwendet? Helles Mehl (Type 405, 550) bringt zu wenig Mikroorganismen mit. Typ 1150 oder Vollkorn ist Pflicht.

Glas wirklich sauber? Alte Reste können die Fermentation stören. Ich spüle mein Glas mit kochendem Wasser aus.

Deckel nur locker aufgelegt? Fest verschlossen = keine Luft = keine aktive Fermentation.

Wasser lauwarm, nicht heiß? Über 40°C tötet die Hefen. Ich teste immer mit dem Finger – sollte sich angenehm warm anfühlen.

Lang genug gewartet? Manche Starter brauchen 48-72 Stunden. Geduld ist wichtig.

Wenn alle Punkte stimmen und nach 3 Tagen nichts passiert, ist der Starter wahrscheinlich wirklich am Ende.

FAQ – Deine Fragen, meine Antworten

Warum treibt mein Starter nicht, obwohl ich ihn füttere?

Meistens liegt es an der Temperatur oder am Timing. Ich füttere immer nach Aussehen – also wenn der Starter seinen Peak erreicht hat, nicht nach Uhrzeit. Die Temperatur ist wichtig: Bei unter 22°C werden die Hefen träge und der Starter braucht viel länger, um aktiv zu werden.

Wie erkenne ich, ob mein Starter tot oder nur inaktiv ist?

Ein inaktiver Starter riecht sauer, ist eingefallen, vielleicht liegt Fusel obendrauf – aber es gibt keinen Schimmel und keinen fauligen Geruch. Ein toter Starter zeigt Schimmel, rosa oder orange Verfärbungen, oder riecht wie verdorbene Lebensmittel. Die Details dazu findest du unter „Bei diesen 3 Zeichen ist er wirklich tot“ weiter oben.

Wie lange dauert es, bis sich mein Starter verdoppelt?

Bei 25-28°C und einem fitten Starter dauert es bei mir 4-8 Stunden. Wenn es länger als 12 Stunden dauert, ist der Starter noch nicht fit genug. Dann hilft mehrmaliges Füttern hintereinander.

Kann ich mit Hefe nachhelfen?

Im Brotteig ja – ich gebe manchmal 1g Frischhefe auf 500g Mehl dazu, wenn mein Starter gerade etwas schwach ist. Aber nicht in den Starter selbst. Die Industriehefe würde die wilden Hefen verdrängen und den Starter dauerhaft verändern.

Mein Starter riecht nach Aceton oder Nagellackentferner – was tun?

Er hatte sehr lange Hunger. Die Hefen haben alles aufgefressen und produzieren jetzt hauptsächlich Alkohol. Ich füttere ihn dann 2-3x hintereinander im 8-Stunden-Rhythmus. Nach dem dritten Mal ist der Geruch meistens weg.


Nicht aufgeben

Die meisten Starter lassen sich retten. Genau wie bei meiner Kollegin – ihr Starter sah aus wie ein Häufchen Elend, nach drei Fütterungen war er wieder aktiv. Ich konnte mit dieser Methode schon viele Starter retten, die ich eigentlich schon abgeschrieben hatte.

Falls es doch ein Neuanfang wird: Das ist okay. Ich habe beim ersten Mal jeden Fehler mitgenommen, den man machen kann. Beim vierten Versuch hat es dann geklappt – und das ist mein Roggenstarter Robert, der für mich schon seit über 5 Jahren tolle Brote zaubert.


Das könnte dich auch interessieren:

Weiterführende Informationen

Du möchtest tiefer in die Mikrobiologie von Sauerteig einsteigen? Diese Quellen helfen dir weiter:

Hast du Fragen wie man einen Sauerteig-Starter rettet? Schreib mir in den Kommentaren!

Letzte Änderung: 29.11.2025